Das Thema der Hofübergabe spielt irgendwann bei jedem Landwirt*in eine wichtige Rolle. Es ist mit vielen Emotionen, Erwartungen und Ängsten verbunden, sein Lebenswerk in andere (fremde) Hände zu geben. Aus diesem Grund sollte ein Hofübergabe auch frühzeitig bedacht und vorbereitet werden. 

Dabei sollten zuerst einige persönliche Fragen geklärt werden, z.B. wie die Versorgung im Alter aussehen soll und ob ein Mitwirken am Hof nach der Übergabe gewünscht ist. Gibt es unter den Kindern oder im Bekannten-/Kollegenkreis interessierte Nachfolger*innen? Bei diesen persönlichen Fragen ist ein offenes Gesprächsklima besonders wichtig, um die Erwartungen und Vorstelllungen der Beteiligte aufeinander abzustimmen. Diese Dinge sollten schon zwei bis drei Jahre vor der eigentlichen Übergabe angesprochen werden.

Steuerliche und rechtliche Fragestellungen

Der konkrete Zeitpunkt der Übergabe hängt davon ab, ob der Übergeber bis zum Renteneintritt warten möchte und ob der potenzielle Nachfolger schon bereit ist. Meist empfiehlt es sich, den Nachfolger als Arbeitnehmer anzustellen und später ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. In der Form einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) kann der Nachfolger bereits in wichtige Entscheidungen miteingebunden werden. Diese Übergangsphase kann das „Loslassen“ erleichtern und beide Seiten auf ihre neuen Rollen vorbereiten.

Eine Hofübergabe wirft auch viele rechtliche und steuerliche Fragen auf, bei denen professionelle Beratung in Anspruch genommen werden sollte. Steuerberater*innen und Notar*innen übernehmen einen großen Teil der Bürokratie, was einen reibungslosen Ablauf ermöglicht. Generell empfiehlt es sich den gesamten Prozess mit professioneller Unterstützung durchzuführen. So können leichter Kompromisse zwischen den verschiedenen Interessensgruppen gefunden und Erfahrungswerte geteilt werden. Die Übergabe betrifft nämlich nicht nur den Übergeber und den Nachfolger, sondern auch deren Familien in besonderem Maße. Das Führen eines landwirtschaftlichen Betriebs ist in den meisten Fällen mit der Wohnsituation verknüpft, wodurch eine räumliche Nähe zwischen beiden Familien entsteht. Beim Nachfolger kann dadurch das Gefühl entstehen, ständig beurteilt und kontrolliert zu werden. Auch die Interessen weichender Erben sind zu berücksichtigen und eine angemessenen (finanzielle) Abfindung zu ermitteln. 

Wirtschaftlich stabil bleiben

Das Ziel einer jeden Hofübergabe ist der Fortbestand des Betriebes und die Altersversorgung des Hofübergebers. Daher spielen wirtschaftliche Aspekte eine wichtige Rolle. Der Hof muss über die nötige Leistungsfähigkeit verfügen, um den Anforderungen nach einer Übergabe stand zu halten. Eine Beurteilung kann meist nur nach einer ausführlichen Analyse des wirtschaftlichen Zustandes des Betriebes erfolgen. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

Die Analyse des Ist-Zustandes gibt Auskunft über den aktuellen Zustand des Hofes. Dazu reicht ein Blick in die Buchhaltungsunterlagen oft nicht aus, weshalb weitergehende Kennzahlen hinzugenommen werden. Der Grad der Verschuldung, die Eigenkapitalrentabilität und der Deckungsbeitrag können dabei betrachtet werden. Auch eine Gewinn- und Verlustrechnung, bei der z.B. Abschreibungen oder der Unternehmerlohn berücksichtigt werden, gehört dazu. Durch diese und andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen können Aussagen zu Rentabilität („Wird die eigene Arbeit und Kapital angemessen entlohnt“), Stabilität („Wie krisensicher ist der Betrieb?“) und Liquidität („Kann der Betrieb seinen Zahlungsverpflichtungen jederzeit nachkommen?“) getroffen werden. Je nach Größe des Betriebes können die Geschäftszweige einzeln betrachtet werden.

Entwicklungsfelder erkennen

Fällt das Ergebnis dieser Analyse eher negativ aus, sollte der Fokus auf die Entwicklungsfähigkeit des Hofes gelegt werden. Dabei sollte der Nachfolger mit seinen Ideen und Vorstellungen miteinbezogen werden. In welche Betriebszweige sollte mehr investiert werden? Welche sollte dagegen eher eingestellt werden? Hierbei ist es hilfreich, wenn die Ist-Analyse für die einzelnen Bereiche durchgeführt wurde. Innovationen und Veränderungen in Gesellschaft und Politik eröffnen neue Branchen und Märkte. Diese können durch gezielte Investitionen erschlossen werden und den wirtschaftlichen Stand des Betriebes verbessern.

Durch die Übergabe ändert sich die Anforderungen an den Hof, da erhöhte Entnahmen durch die Versorgung des Übergebers zu berücksichtigen sind. Diese Entnahmen richten sich nach den im Übergabevertrag festgehaltenen Altenteilsleistungen. Dazu zählen Wohnrecht, wiederkehrende Geldleistungen, Sicherstellung der (häuslichen) Pflege, (Teil-)Nießbrauch oder sonstige Dienstleistungen. Umfang und Höhe hängen von möglichen, anderen Einkommensquellen der Altenteiler ab.  Früher war Wohnraum und die „Verköstigung am Tisch des Hofübernehmers“ fester Bestanteil der Altenteilsleistungen, wobei der letzte Punkt seit Jahren keine Rolle mehr spielt.

Die Bezahlung erfolgt aus dem Jahresgewinn des Betriebes, wodurch die Anteile für den neuen Betriebsleiter und die Reinvestitionen in den Hof geringer werden. Vereinbarungen zur Pflege der Altenteiler sollen möglichst ausführlich und konkret besprochen werden, um Überlastungen der Betriebsleiterfamilie zu verhindern. Nachträgliche Änderungen sind in beiderseitigem Einverständnis jederzeit möglich. Oft werden dabei Anpassungen des „Taschengeldes“ in regelmäßigen Abständen schon im Vertrag festgehalten. 

Die Entnahmen für die Betriebsleiterfamilie müssen ebenfalls berücksichtigt werden und sollten in realistischer Höhe angesetzt sein, um mögliche Einschnitte im Lebensstandard aufzuzeigen. Hilfreich ist es, wenn in den Monaten vor der möglichen Übergabe bereits die Lebenshaltungskosten betrachtet werden und auch zukünftige Entwicklungen (Neuanschaffungen, benötigter Wohnraum, Familienplanung) miteinbezogen werden.

Ausgleich für weichende Erben

Weichende Erben müssen einen Ausgleich für den Verlust des Erbes erhalten. Dies kann durch eine Abfindung geschehen oder durch den gesetzlichen Pflichtteil im Erbfall. Dieser ist im landwirtschaftlichen Bereich niedrig angesetzt, um Höfe zu erhalten und eine Auszahlung der Nicht-Nachfolger zu ermöglichen. Grundlage dafür ist der Ertragswert, welcher die tatsächlichen Einkommensmöglichkeiten eines Betriebs widerspiegeln soll. Für die Berechnung wird der Unternehmerlohn vom Gewinn abgezogen und das Ergebnis mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dieser ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Der Ertragswert ist deutlich geringer als der Verkehrswert eines Hofes. Wird der Hof allerdings an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person abgegeben, kann der Ertragswert nicht zugrunde gelegt werden.

Um Ungerechtigkeiten und familiären Streitigkeiten entgegenzuwirken, werden oft Abfindungen und Pflichtteilsverzichtserklärungen vereinbart. Sofern der Übernehmer für die Zahlung kein Privatvermögen aufbringen möchte oder kann, müssen Abfindungen aus dem betrieblichen Vermögen gezahlt werden. Dadurch verringert sich der Investitionsspielraum und die finanzielle Stabilität. Um die gestiegenen Anforderungen zu erfüllen, sind dagegen oft Investitionen notwendig. Ein Business- und Investitionsplan kann dabei helfen die Unternehmensziele des neuen Hofleiters im Blick zu behalten und zu erreichen. 

Kommt die betriebswirtschaftliche Analyse zu einem negativen Ergebnis, können die Nebenerwerbsmöglichkeiten miteinbezogen werden. Dabei kommt es auf eventuell nötige Qualifikationen und den Zeitanspruch an. Aufgrund der Doppelbelastung sollte der Nebenerwerb allerdings nicht dauerhaft notwendig sein. Natürlich spielt auch die berufliche Situation eines möglichen Partners*in eine Rolle. Wie weit soll dieser in die Arbeit auf dem Hof miteinbezogen werden, bzw. wie weit möchte dieser am Hof mitwirken? Ist der Erwerb des Partners dauerhaft notwendig, um die erhöhten Ausgaben zu bestreiten und den Hof zu erhalten? Hierbei sollte der Wunsch der Hofübernahme nicht über die Bedürfnisse des Partners*in gestellt werden.

Hofübergabe bedarf gründlicher Überlegung

Da nicht nur wirtschaftliche, sondern auch emotionale Aspekte eine entscheidende Rolle spielen, kann eine Hofübergabe auch trotz nicht ausreichender Leistungsfähigkeit stattfinden. Die Konsequenzen können allerdings die Schwächung der Entwicklungsfähigkeit des Betriebs, die Verringerung des Lebensstandards der Betriebsfamilie sowie der Vermögensverzehr sein. Um die finanzielle Belastung einer Hofübergabe abzumildern, gibt es verschiedene Förderprogramme für Junglandwirte wie zum Beispiel das Programm zur „Produktionssicherheit“ der Rentenbank. 

Ein Hofübergabe ist keine Sache weniger Monate, sondern bedarf gründlicher Überlegung, offener Kommunikation aller Beteiligter und weitsichtiger Planung. Wenn die erste Hofübergabe scheitert, kann aus den Fehlern gelernt werden. Trotz des Konfliktpotentials und des möglicherweise negativen wirtschaftliche Stands bietet sie die Möglichkeit ein Lebenswerk weiterzugeben und die Versorgung im Alter zu gewährleisten. Der Nachfolger erhält die Chance dieses weiterzuentwickeln und sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. So können nicht nur Land, Gebäude und Maschinen an die nächste Generation weitergegeben werden, sondern auch Wissen, Erfahrungen und Werte.

Claudius Wurth, Agrarberater