Controlling – ein Begriff, den viele nur mit Großkonzernen und Millionen-Umsätzen in Verbindung bringen. Aber was ist Controlling überhaupt?

Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet „steuern, regeln, lenken“. Das beschreibt die Funktion und die Ziele des Controllings. Sehr wichtig ist dabei die Transparenzfunktion. Dafür werden alle Daten und Geschäftsvorfälle eines Betriebs gesammelt, analysiert und veranschaulicht. Eine enge Zusammenarbeit mit allen Abteilungen ist daher sehr wichtig. Aus den Ergebnissen werden dann zusammen mit Erkenntnissen aus Marktbeobachtungen und Konkurrenzanalysen mögliche Handlungsansätze hergeleitet. In dieser weitergehenden Betrachtung liegt der Unterschied zum internen Rechnungswesen, das lediglich Kosten analysiert und Betriebsergebnisse ermittelt.

Die Betriebsführung und das Management können auf die Analysen zurückgreifen und zur Grundlage von unternehmerischen Entscheidungen machen. Die Zusammenarbeit erfolgt oft auf Augenhöhe. Das Controlling zielt auf die Sicherung des Unternehmens in Bezug auf Ertragskraft, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit ab. Daher ist Controlling auch in landwirtschaftlichen Betrieben sinnvoll, da so auf Veränderungen in Branchen, Gesellschaft und Politik eingegangen werden kann. 

Operatives und strategisches Controlling

Es wird unterschieden zwischen dem operativen Controlling, das kurz- und mittelfristig verschiedene Kennzahlen vergleicht, und dem strategischen Controlling. Dies betrachtet die langfristigen Ziele eines Unternehmens und beschäftigt sich mit Chancen und Risiken. Dabei werden nicht nur betriebsinterne Daten berücksichtigt, sondern auch Entwicklungen des Marktes und der Konkurrenz sowie der gesetzlichen Bedingungen. Der Einstieg in eine neue Branche oder die Sicherstellung der Hofnachfolge sind Fragestellungen des strategischen Controllings.

Das operative Controlling findet dagegen mehr im alltäglichen Arbeiten auf dem Hof statt bzw. beschäftigt sich mit einzelnen, kurz- und mittelfristigen Projekten. Zentral ist dabei ein Kreislauf aus: 

  • Information über betriebliche Kennzahlen, Prozesse und Entwicklungen

    Das Sammeln von Informationen wird in größeren Unternehmen immer mehr von IT-Abteilungen übernommen, wodurch das Controlling die Vermittlung übernimmt und zur Schnittstelle wird. Dies resultiert aus der Fülle an Daten und der Komplexität der Zusammenhänge. In kleineren Betrieben mit begrenzten Personalkapazitäten ist es wichtig sich auf wenige Kennzahlen zu beschränken, welche den Zustand des Betriebs am besten widerspiegeln. Diese werden kontinuierlich und meist unabhängig von besonderen Projekten oder Vorhaben gesammelt. Vor allem wenn der landwirtschaftliche Betrieb wächst und die anfallenden Arbeiten auf mehrere Mitarbeiter verteilt werden, behält der/die Betriebsleiter*in so den Überblick.
  • Planung eines Soll-Zustandes

    Hierbei kann ein Budget, die Liquidität oder ein besonderes Vorhaben geplant werden. Dabei wird nicht mit dem Ist-Zustandes als Grundlage gearbeitet, sondern ein Soll-Zustand entwickelt. Dieser wird aus der Vision des Unternehmens bzw. des Betriebs hergeleitet und kann auch eine komplette Umstellung oder Umstrukturierung des Betriebs erforderlich machen. Beispiele sind die Umstellung auf Bioland oder eine generell ökologischere Bewirtschaftungsweise. Aufgabe des Controllings ist es dann realistische Ziele und Maßnahmen zu entwickeln. 
    Bei der Erstellung des Soll-Zustandes kann auch das strategischen Controllings miteinbezogen werden und die dabei entwickelten Ziele auf Zwischenziele heruntergebrochen werden. 
  • Durchführung

    Die Planung mit den zu erreichenden Zielen und nötigen Maßnahmen wird dann mit den Mitarbeitern in den betroffenen Abteilungen besprochen. Dabei kann der Maßnahmenkatalog bearbeitet und ergänzt werden. Oft gibt es auch unterschiedliche Stellschrauben, deren Änderung zum gewünschten Ergebnis führen kann. Dazu ein kurzes Beispiel aus der Milcherzeugung:

    Die Lebenstagleistung der Abgangskühe soll auf 15 kg erhöht werden. Derzeit liegt sie bei 12 kg und ergibt sich ausfolgenden Daten: Erstkalbealter (EKA) 28 Monate, Zwischenkalbezeit (ZKZ) von 365 Tage, 2,5 Laktationen, 8.500 kg Milch/Laktation. Um den gewünschten Soll-Zustand zu erreichen könnte folgende Strategien verfolgt werden:
  1. EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 2,5 Laktationen, 10.450 kg Milch/Laktation
  2. EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 3,5 Laktationen, 9.000 kg Milch/Laktation
  3. EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 5,0 Laktationen, 7.950 kg Milch/Laktation

    Je größer das Unternehmen oder Projekt, desto wichtiger ist es, feste Ansprechpartner auszuwählen und für einen regelmäßigen und konzentrierten Informationsaustausch zu sorgen. 
  • Kontrolle und Steuerung bei Abweichungen vom Plan durch Anpassungen und Gegenmaßnahmen

    In den seltensten Fällen werden Ziele direkt über die zu Beginn beschlossenen Maßnahmen erreicht. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die vom Controlling erfasst werden. Um Abweichungen möglichst früh festzustellen, müssen kontinuierlich Daten erhoben werden. Dabei ist es wichtig, schon in der Projektplanung zu überlegen, welche Kennzahlen die Zielerreichung am besten sichtbar machen können. Zudem zieht nicht jede Abweichung negative Konsequenzen nach sich oder bedarf einer sofortigen Korrektur. 

Während eines Projektes wiederholen sich diese Schritte als Reaktion auf verschiedene Änderungen und Abweichungen. So kann auch der Soll-Zustand zwischendurch angepasst werden, wenn sich dieser nicht realistisch genug herausstellt.

Auch wenn kein konkretes Ziel oder Vorhaben im Vordergrund steht, kann die stetige Erfassung und Bewertung von Betriebsdaten negative (oder auch positive) Entwicklungen sichtbar machen und Handlungsbedarf aufzeigen. In der Praxis kann zum Beispiel die Aufnahme und Verdauung des Futters beobachtet werden, um Änderungen in der Verwertung festzustellen. Nimmt die Futtereffizienz oder gar die Tiergesundheit ab, kann durch einen Wechsel entgegengesteuert werden. So entsteht ein Frühwarnsystem, das sich je nach Betriebszweig auswerten lässt. Je größer ein Betrieb ist und je mehr Zweige er hat, desto wichtiger wird das Controlling, um unrentable Geschäftsfelder herauszuarbeiten.

Die gesammelten Daten können auch als Grundlage bei Investitionsüberlegungen dienen. Dabei kann ein nachweisbares Finanzcontrolling bessere Konditionen bei der Kreditvergabe ermöglichen. Aber nicht nur finanzielle Aspekte lassen sich erfassen, sondern ebenso die Tiergesundheit, Verträglichkeit des Futters, Qualität des Sattgutes und vieles mehr. Auch Nebenkosten wie Strom, Wasser und Versicherungen, welche oft einen Großteil der Gesamtkosten ausmachen, können so im Blick behalten werden.

Der oft entscheidende Faktor ist die Zeit, die in vielen Betrieben ein knappes Gut ist. Allerdings kann der Umfang der zu erfassenden Daten, die Zeitpunkte und Detailgenauigkeit der Analysen für jeden Betrieb unterschiedlich sein. Hier lohnt es sich, einen Profi zu kontaktieren und gemeinsam die Ziele, Notwendigkeiten und Ressourcen abzugleichen.

Folgende Beispiele aus der Milchviehhaltung verdeutlichen die Individualität:

Betrieb 1) 135 Kühe, 130 Jungrinder, 10.500 kg Jahresmilchleistung

täglichwöchentlichmonatlich
-Stalldurchgang:   Pansenfüllung, Fressverhalten, Kotkonsistenz-Tankmilchmenge: Menge, Inhaltsstoffe-Futteraufnahme-Restfutterzusammensetzung-TS-Bestimmung: Grundfutter, Rationen-Leistungsgruppen – BCS/RFD-Daten-Wiederkauen-Schüttelbox: Rationen, Restfutter-Kotsieb: Verdauung Futter-MLP-Daten-Gesundheitsdaten-Harn-pH-Wert-Futtereffizienz-Grundfutteranalysen-Rationsberechnung

Betrieb 2) 850 Kühe, 500 Jungrinder, 11.000 kg Jahresmilchleistung

täglichwöchentlichmonatlichvierteljährlich
– Hofrundgang mit Arbeitsqualitätskontrolle (Melken, Fütter, …)– Tankmilchmenge und Inhaltsstoffe-IOFC (Income over Feedcost = Milchgeld nach Futterkosten)-CowValue (zur Kuhselektion)-Milchleistung-Futteraufnahme-Tiergesundheit-Fruchtbarkeit-Liquiditätsvorschau Gesamtunternehmen (alle Teilbetriebe)-Arbeitszeiten (Lohnabrechnung)-Herdencheck-Jungvieh: tägliche Zunahmen, voraussichtliches EKA, Besamung-Geldrückberichte

Nicht immer ist eine spezielle Software oder zusätzliches Personal notwendig, der Anfang ist bereits mit Excel-Tabellen gemacht. Dafür gibt es im Internet verschiedene, teilweise kostenlose Anbieter. Das vereinfacht den Einstieg und ermöglicht einen Überblick über wichtige Kennzahlen.

Ob zur Umsetzung eines einzelnen Projektes oder für den Überblick über den Betrieb und seine Zweige, Controlling ist nicht mehr wegzudenken. Die Sicherung des Hofes für die Zukunft und die Erkenntnisse über Chancen und Risiken sind dabei den Zeitaufwand wert. 

Mehr Info: https://www.lfl.bayern.de/iba/tier/179340/index.php

Claudius Wurth, Agrarberater