Im Wahlprogramm der Grünen schon ein fester Bestandteil und jetzt auch ein beschlossener Punkt im Koalitionsvertrag: die Legalisierung von Cannabis, Marihuana, Hanf oder umgangssprachlich Gras oder Weed. Auf Rezept können sich unter anderem Schmerzpatienten schon seit einiger Zeit unter strengen Auflagen angebauten Cannabis in Apotheken holen, jetzt soll auch der Konsum in der Freizeit erlaubt werden. Dies eröffnet einen neuen Markt, denn verschiedenen Studien zufolge konsumieren schon jetzt rund 3,6 Mio Personen zwischen 18 und 64 Jahren Cannabis. Knapp ein Drittel der Bevölkerung hat im Lauf des Lebens mindestens einmal „gekifft“.

Cannabis, Gras und Co

Als Marihuana bezeichnet man die getrockneten Blüten einer weiblichen Hanfpflanze, Cannabis ist die lateinische Bezeichnung für Hanf.  Der Unterschied zwischen diesen Hanfpflanzen und dem Nutzhanf, der z.B. als Dämmmaterial oder für Textilien gewonnen wird, sind die enthaltenen Cannabinoide. Die wichtigsten sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), wobei es noch eine Reihe weiterer Cannabinoide gibt, deren Wirkung noch nicht weiter erforscht ist. THC ist eine psychoaktive Substanz mit einer berauschenden Wirkung, je nach Hanfsorte mehr aufputschend oder beruhigend. CBD dagegen wirkt beruhigend, schmerzstillend und entkrampfend. Je nach Zusammensetzung der Wirkstoffe entsteht so ein körperliches oder geistiges „High“-Gefühl.

Konsumiert werden die getrockneten Blüten der weiblichen Pflanze, welche wie eine Zigarette gedreht werden als Joint. Auch das Harz, das sogenannte Haschisch, kann geraucht werden oder geschmolzen in Brownies verbacken werden, ähnlich wie Hanföl. Aus den USA bekannt sind „Edibles“, Produkte (zumeist Gummibärchen) mit THC-Gehalt aber verschiedenen Aromastoffen. Diese sollen allerdings in Deutschland nicht erlaubt werden.

Produkte von Cannabis

Auf dem Schwarzmarkt wird ein Gramm Gras für durchschnittlich 10 € verkauft, ein Preis, an dem sich die legalen Verkäufer orientieren sollten, um konkurrenzfähig zu sein. Welchen Einfluss dies auf den Preis von medizinischem Marihuana hat, der derzeit bei 15 bis 18 € pro Gramm liegt, ist noch nicht klar. Der jährliche Bedarf in Deutschland wird auf 380 bis 420 Tonnen geschätzt, was voraussichtlich nicht allein durch Importe gedeckt werden kann. Hier eröffnet sich für die Landwirtschaft ein neuer Betriebszweig, vor allem, da die Auflagen für den Anbau nicht so strikt werden sollen, wie die für medizinisches Marihuana.

Anbauweisen von Cannabis

Es gibt grob drei verschiedene Arten Cannabis anzubauen: auf einem Feld, in einem Gewächshaus oder in einer Halle. Jede Vorgehensweise hat dabei ihre Vor- und Nachteile, abhängig davon welche der ca. 500 Sorten angebaut wird. Diese werden In Sativa, Indica und Hybride aus beiden eingeteilt und haben meist sehr klangvolle Namen wie „Purple Haze“, „Granddaddy“, „Ice“ oder „Blue Dream“.

Beim Anbau auf einem FELD sollte auf „Autoflowering“-Sorten gesetzt werden, da diese besonders robust sind und schnell wachsen, allerdings fällt dabei der Ertrag geringer aus. Die Aussaat sollte April bis Juni erfolgen, die Ernte nach ca. 6 bis 12 Wochen.

Beim Anbau in einem GEWÄCHSHAUS ist man unabhängiger vom Wetter, ebenso lassen sich Regen- oder Kälteschäden vermeiden.

Meistens werden Hanfpflanzen als Plantagen in HALLEN mit einer Klima- und Beleuchtungsanlage angebaut. So kann durch eine Beleuchtungszeit von bis zu 18 h pro Tag ein maximaler Ertrag erzielt werden. Nachteilig sind die hohen Stromkosten, die dabei entstehen. Nach einer Legalisierung könnten steuerliche Vorteile diese Kosten senken.

Genau kontrollierte Bedingungen gewährleisten einen gleichbleibenden Wirkstoffgehalt, der bei medizinischem Cannabis vorgeschrieben ist.

Wichtig ist bei allen Anbaumethoden das Aussortieren von männlichen und Zwitterpflanzen, da diese die weiblichen Pflanzen oder sich selbst bestäuben können, wodurch sie unbrauchbar werden. In den USA ist es gängige Praxis, die Pflanzen nicht aus Samen zu ziehen, sondern in einem Labor aus Zellen, um zu gewährleisten, dass nur weibliche Pflanzen heranwachsen. Dort machen auch 50 % der Gesamtkosten die Personalkosten aus, da sich eine Vielzahl an Gärtnern um die Pflanzen kümmert und ein genauer Plan zum Düngen, Bewässern, Lüften und Bewegen der Pflanzen je nach Sorte eingehalten wird. So kann ein durchschnittlicher, täglicher Ertrag von 10 kg bei 8.000 Pflanzen erreicht werden.

Die häufigsten Schädlinge sind Mehltau, Thripsen und Spinnmilben, das größte Problem ist allerdings oft (vor allem in unseren Breitengraden) zu geringen Temperaturen und zu viel Feuchtigkeit. Letzteres kann zu Schimmel innerhalb der Blüten führen. Diese verdichten sich zum Ende des Lebenszyklus hin und werden dann „Buds“ genannt.

Reif für die Ernte ist die Pflanze, wenn sich die zuvor weißen Blütenstempel bräunlich verfärben. Zudem werden auch weiße Kristalle innerhalb der Blüte deutlich sichtbar. In diesen befindet sich das THC. Bei der Ernte werden die Buds abgeschnitten, von größeren Blättern befreit und dann für mindestens 7 Tage zum Trocknen aufgehängt. Danach folgt das Aushärten, bei dem die Buds nochmal vier bis acht Wochen in geschlossenen Gefäßen gelagert werden. 

Rechtlichen Rahmenbedingungen

Einen konkreten Gesetzesentwurf gibt es noch nicht. Was aber schon fest steht ist, dass Cannabis nur in lizensierten Geschäften (zu Beginn Apotheken) an Erwachsene verkauft werden darf, einen Versandhandel darf es nicht geben. Zusätzlich sollen Konzepte zur Suchtprävention und Beratungsangebote ausgebaut werden. Eine Obergrenze für den THC-Gehalt ist im Gespräch. Das ganze Gesetz soll nach vier Jahren auf die „gesellschaftlichen Auswirkungen“ hin überprüft werden.

Genauere Angaben finden sich in einem Gesetzentwurf aus dem Wahlprogramm der Grünen. Danach sind für den gewerblichen Umgang Genehmigungen notwendig, also für Anbau, Verarbeitung, Transport, Ein- und Verkauf sowie Ein- und Ausfuhr. Zudem muss eine genaue Dokumentation der Wege und beteiligten Personen erfolgen. Auf der Verpackung soll Hersteller, Land des Anbaus, Gewicht, Sorte, Datum Ernte, MHD, sonstige Zutaten, Wirkstoffgehalt stehen sowie ähnlich zu Medikamenten Gebrauchsinformationen beiliegen. Werbung für cannabishaltige Produkte darf keine gemacht werden und auch die Shops sollen unauffällig und nicht in der Nähe von Kindergärten oder Schulen sein. Anders als bei medizinischem Marihuana soll der Outdooranbau erlaubt sein, solange ausreichende Maßnahmen gegen „unbefugte Entnahme“ ergriffen werden.

Bis die Legalisierung rechtskräftig ist, wird vermutlich noch einige Zeit vergehen, da für die neue Regierung andere Themen Priorität haben. Es bleibt also genug Zeit, die entstehenden Geschäftsmöglichkeiten auszuloten und Betriebskonzepte zu entwickeln.

Schreiben Sie uns bei weiteren Fragen gerne und nehmen Sie Kontakt auf.

Claudius Wurth, Agrarberater