Bringen die geplanten Öko-Regeln den erhofften Erfolg eine nachhaltigere Landwirtschaft zu erreichen? Nach einer zweijährigen Übergangszeit startet die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) am 1.1.2023. Was darin enthalten ist und was sonst noch im Jahr 2023 auf die Landwirte zukommt lesen Sie im folgenden Text.
Gemeinsame Agrarpolitik 2023
Ab 2023 wird es neue Ökoregeln, sogenannte Eco Schemes, in der EU geben. Das Ziel lautet mehr Biodiversität, Umwelt-, Klima und Tierschutz. Hierfür werden 387 Milliarden Euro an Fördergeldern zur Verfügung gestellt. Mit Orientierung an den von der EU festgelegten Schwerpunkten kann jedes Land eigene Konditionalitäten festlegen an die, die Prämien geknüpft werden.
Deutschland sieht hierfür jedoch strengere Maßnahmen vor als andere EU-Mitgliedsländer, weshalb Experten befürchten, dass deutschen Landwirten daraus ein Wettbewerbsnachteil entsteht und letztendlich die geplanten Öko-Regeln nicht gut angenommen werden.
Bedingungen für Direktzahlungen
Eine Grundvoraussetzung, um Direktzahlungen im Jahr 2023 zu erhalten ist zum Beispiel das Stilllegen von 4% Ackerfläche. Eine alternative Nutzung dieses Pflichtanteils, wie es nach EU-Regeln erlaubt ist, sieht die deutsche Umsetzung der GAP nicht vor. Die stillgelegten Ackerflächen müssen sich selbst überlassen werden. Somit ist das Ausbringen von Blühmischungen, welche die Biodiversität stärken, verboten. Die Flächen verwahrlosen. Eine zukünftige Nutzung wird deutlich erschwert, mögliche Folgen wären ein erhöhter Pflanzenschutzmittel Einsatz, was weder Landwirten noch der Naturschutz und die Gesellschaft will. Zudem entspricht das nicht dem Ziel der Ökoregeln. Die Förderung beginnt dann ab der Stilllegung von 5% der Ackerfläche mit 1.300€/ha.
Beispiel: Ein Ackerbaubetrieb mit 1000 ha Ackerfläche muss davon 40 ha stilllegen, um die Konditionalitäten zu erfüllen. Um zu entscheiden, ob es sich lohnt, weitere 1%, also 10 ha, stillzulegen muss man die Prämie von 1.300€/ha dem entgangenen Deckungsbeitrag sowie den Kosten für das Mulchen gegenüberstellen. Der Landwirt würde für diese Stilllegung die schwächste Frucht einschränken, im Beispiel ist dies die Wintergerste. Die Wintergerste wird mit einem Deckungsbeitrag von 979€/ha angesetzt, für das Mulchen 30€/ha. Somit ergibt sich eine Rechnung von:
1300 €/ha – 979€/ha – 30€/ha = 291€/ha
Für die 10 ha Stilllegung ergeben sich somit 2910€. Bezogen auf die gesamte Fläche von 1000 ha verbleibt dem Landwirt ein Gewinn von 2,91€/ha.
Weitere Ackerflächen umzuwandeln, würde sich nicht lohnen, dafür gäbe es nur noch eine Prämie von 500€/ha für bis zu 6% Grünbrache, darüber hinaus nur noch 300€/ha.
Auf den zusätzlich stillgelegten Flächen dürfen wiederum Blühmischungen ausgebracht werden, die sogar gefördert werden mit zusätzlich 150€/ha.
Eine weitere Öko-Regelung umfasst den Anbau vielfältiger Kulturen mit mindestens fünf Hauptanbaufruchtarten. Dabei müssen mindestens 10% Leguminosen angebaut werden. Generell gilt keine der fünf Früchte darf weniger als 10% und mehr als 30% der Netto-Ackerfläche ausmachen. Getreide darf maximal 60% der Ackerfläche ausmachen. Der Förderbetrag beträgt hier 30€/ha.
Für eine Extensivierung des gesamten Dauergrünland gibt es eine Förderung in Höhe von 115€/ha. Extensivierung bedeutet in diesem Fall eine Besatzdichte von weniger als 1,4 RGV/ha. (RGV= Raufutter verzehrende Großvieheinheit). Außerdem wird eine ergebnisorientierte Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen mit 240€/ha gefördert, dabei müssen mindestens vier regionale Kennarten nachgewiesen werden.
Den Förderungen stehen immer die entgangenen Deckungsbeiträge sowie die anfallenden Kosten für Anpassung an die Öko-Regeln gegenüber. Wie im ersten Beispiel zur Stilllegung der Ackerflächen zu sehen ist, können Landwirte die intensiv wirtschaften oder spezialisierte Betriebe oft nicht viel an den Ökoregeln verdienen, was natürlich den Anreiz zur Durchführung solcher Maßnahmen deutlich schmälert. Am meisten profitieren extensive und vielfältig aufgestellte Betriebe, die meistens heute schon die geforderten Vorgaben erfüllen. Daraus resultiert allerdings die Frage was bewirken die neuen Öko-Regeln? Es sollte doch das Ziel sein, mehr Anreiz zu schaffen umweltbewusster, klimaneutraler und tierschutzgerechter zu wirtschaften. Momentan scheinen diese Regeln nur diejenigen Betriebe zu fördern die sowieso schon diese Vorgaben erfüllen. Eine zukünftige nachhaltigere Landwirtschaft mit den aktuellen Regeln zu erreichen ist daher fraglich.
Verlängerung von Glyphosat?
Ein weiterer Punkt für Ackerbaubetriebe ist die auslaufende Zulassung für Glyphosat Ende 2023. Ob es möglicherweise zu einer Verlängerung der Zulassung kommt, ist noch fraglich. Pflanzenschutzmittel sollen in der Landwirtschaft so eingesetzt werden, dass Nebenwirkungen für Umwelt, Gesundheit und Biodiversität vermieden werden. Die Bundesregierung empfiehlt die Unkrautbekämpfung auf mechanischem Wege zu verstärken.
Neuerungen bei der Tierhaltung
Im Jahre 2023 wird es nicht nur im Ackerbau Neuerungen geben, sondern auch in der Rinderhaltung. Zusätzlich zu der bereits geltenden Tierschutztransportverordnung, die besagt, dass bei einer Außentemperatur von mehr als 30 Grad Celsius der innerstaatliche Transport zum Schlachthof innerhalb von viereinhalb Stunden beendet sein muss, wird ab dem ersten Januar 2023 der Transport von Kälbern erst ab einem Alter von 28 Tagen erlaubt. Dies hat zur Folge, dass die Aufzucht der Kälber neu strukturiert werden muss.
Auch für Schlachtbetriebe wird es Neuerungen geben. So soll es ab dem 01.04.2023 für ITW Rinder 12,83 Cent pro Kilogramm Schlachtgewicht mehr geben. Vor allem mit dem Hintergrund die geplanten Tierwohlkriterien umsetzen zu können. Für ITW Milchkühe kann es ebenfalls 4 Cent mehr pro Kilogramm Schlachtgewicht geben. Hierbei ist zu beachten, dass der Mehrpreis nicht automatisch bezahlt wird, sondern beim Vertragspartner beantragt werden muss.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 2023 einige Neuerungen auf die Landwirtschaft zukommen. Das Ziel, der neuen Öko-Regeln, zu erreichen, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten, ist kritisch zu betrachten. Wie die Beispiele zeigen, ist der Aufwand für Landwirte meistens zu hoch und die Prämien zu niedrig, um den Betrieb nach neuen Eco-Schemes zu bewirtschaften. Die Grundideen sind generell positiv zu bewerten, es besteht allerdings noch Nachbesserungsbedarf.
Ihre CW Agrarberatung