Nicht nur weil Verbraucher immer mehr Produkte nachfragen, die direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben hergestellt werden, sondern auch steigende Futter- und Düngerpreise sowie schwankende Milchpreise führen zu einem Umdenken der Landwirte. Direktvermarktung und die Herstellung und Verarbeitung eigener Produkte direkt auf dem Hof werden immer attraktiver. Eine Möglichkeit bietet eine eigene Molkerei. Weitere Informationen rund um Milch und eine eigene Molkerei werden im Folgenden zusammengestellt.

A1 und A2

A1-, A2- Milch unterscheiden sich anhand der jeweiligen Kaseine im Eiweißanteil der Milch.  Der Unterschied zwischen der A1 und A2 Milch sind die Kaseine an der 67sten Position der Aminosäurekette. Bei der A2 Milch ist dort die Aminosäure Prolin, bei der A1 Milch Histidin. Welche Kuh welche Milch gibt hängt von ihrer Genetik ab. Hauptsächlich produzieren europäische und amerikanische Rassen A1-Milch oder eine Mischung aus A1 und A2. Je nach Region variiert allerdings die Verteilung. In der westlichen Region gibt Fleckvieh 60-65% A2 Milch. In Bayern allerdings sind reinrassige A2 Rinder über 70% Braunvieh und nur 40% Fleckvieh.

Eine weit verbreitete Theorie ist, dass die A2 Milch gesünder sei und eine positivere Wirkung auf die Verdauung habe. Diese These wurde allerdings nicht bestätigt. Die unterschiedlichen Kaseine der A1 und A2 Milch werden zwar unterschiedlich abgebaut im Darm, allerdings konnte kein Zusammenhang mit einer besseren Verträglichkeit bei Laktoseintoleranz festgestellt werden.

Rohmilch

Frische, unbehandelte Kuhmilch nennt man auch Rohmilch. Die Definition besagt, dass Rohmilch ein unverändertes Gemelk von Nutztieren ist, das nicht über 40°C erhitzt wurde und keiner Behandlung mit ähnlicher Wirkung unterzogen wurde. In Deutschland gelten strenge hygienische Vorgaben, um diese Milch direkt ab Hof zu verkaufen. Der Hinweis, dass Rohmilch vor dem Verzehr abgekocht werden muss, um die Infektionsgefahr zu minimieren, muss deutlich auf der Verpackung oder am Verkaufsort angebracht werden. Im Handel darf Rohmilch ausschließlich in Form von Vorzugsmilch verkauft werden. Außerdem ist die Vorzugsmilch nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum gekennzeichnet, sondern mit einem Verbrauchsdatum. Vorzugsmilch sollte spätestens 4 Tage nach der Gewinnung verbraucht werden.

Pasteurisierte Milch

Der französische Wissenschaftler Louis Pasteur fand heraus, dass durch kurzzeitiges Erhitzen von Lebensmitteln viele Mikroorganismen und Krankheitserreger abgetötet werden können und somit die Lebensmittel länger haltbar sind. Daraus entwickelte sich der Begriff Pasteurisierung. Hierbei unterscheidet man zwischen Kurzzeiterhitzung und Hocherhitzung.  Bei der Kurzzeiterhitzung wird die Milch für 15 bis 30 Sekunden auf 72 – 75 °C erhitzt und anschließend wieder abgekühlt. Es entsteht die so genannte Frischmilch, die unter Kühlung 7 bis 10 Tage haltbar ist. Durch diese kurzzeitige Erhitzung ist der Nährstoffgehalt nur minimal geringer als in der Rohmilch. Bei der Hocherhitzung wird die Milch für 1 bis 4 Sekunden auf 85 – 127 °C erhitzt und direkt wieder abgekühlt. Sie ist anschließend gekühlt ca. 3 Wochen haltbar. Diese Milch wird auch ESL- Milch genannt. ESL bedeutet „extended shelf life“, was auf Deutsch längere Haltbarkeit im Kühlregal bedeutet. Die ESL-Milch ist in ihren Inhaltsstoffen und im Geschmack ähnlich der Frischmilch.

Homogenisierte Milch

Beim Homogenisieren wird die Milch mit sehr hohem Druck durch kleine Düsen gepresst. Dabei zerkleinern sich die verschieden großen Fettkügelchen und verteilen sich gleichmäßig in der Milch. Somit wird gewährleistet, dass auch bei längerer Lagerung die Milch nicht aufrahmt, sondern Fett und Wasser weiterhin einheitlich miteinander vermischt bleiben. Homogenisierte Milch kann vom menschlichen Organismus besser verdaut werden.

Eigene Molkerei

Die Veredlung der eigenen Milch haben in letzter Zeit einige Betriebe selbst übernommen. Nicht nur die oben genannten Gründe, sondern auch die erfolgreiche Umsetzung der Milchtankstellen haben dazu biegetragen, dass einige Betriebe in die Direktvermarktung einsteigen möchten. Vorab muss gut überlegt und geplant werden, ob sich eine solche Investition auch lohnt. Hierbei müssen die Investitionskosten, die Verkaufserlöse und die zu erbringenden Arbeitsstunden mit Entlohnung berücksichtigt werden. Je nach Sortiment werden unterschiedliche Maschinen und Geräte zur Verarbeitung benötigt.  Zur Herstellung von Ricotta, Käse und Joghurt bieten einige Firmen komplett Angebote an. Hierbei werden die erforderlichen Geräte und Maschinen direkt in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten installiert oder in einem betriebsfertigen Container aufgestellt. Bei der Planung einer Molkerei in eigenen Räumlichkeiten muss auf einige Dinge geachtet werden. Der Flächenbedarf für den Produktionsraum ergibt sich aus der Stellfläche der Maschinen und Geräte und wird mit dem Faktor 4 multipliziert. Für eine Verarbeitungsmenge von 20.000 – 50.000kg Milch pro Jahr werden ca. 20-40m² Fläche benötigt.

Bei der Frischkäseproduktion wird eine 7 mal größere Abtropffläche als in der Hartkäseproduktion benötigt. Somit sollte man bei der Frischkäseproduktion einen separaten Abtropfrum einkalkulieren. Ebenfalls ist ein großer Bedarf an Lagerplatz- und Spülkapazitäten für Pfandgläser von Nöten. Der allgemeine Lagerplatzbedarf für Einmalverkaufsverpackungen aber auch die Kühlfläche für Milch- und Frischprodukte muss ausreichend vorhanden sein. Anhand dieser Informationen können mithilfe von Faustzahlen eine grobe Schätzung der Investitionskosten ermittelt werden. Es werden mit Investitionskosten von 0,50 bis 2 € je Liter Verarbeitungsmilch pro Jahr gerechnet. In der Realität schwanken diese Zahlen allerdings stark.

Anhand dieser Kalkulation sollte ausgerechnet werden, wie viel Liter Milch mindestens verarbeitet werden müssen, um die eigene Hofmolkerei wirtschaftlich zu führen. Außerdem müssen mit den zuständigen Behörden alle rechtlichen Anforderungen wir Bauvorhaben oder Voraussetzungen der Lebensmittelbehörde abgeklärt werden.

Ebenfalls muss beachtet werden, dass die Verarbeitung der eigenen Milch steuerlich zu ersten Verarbeitungsstufe gehört und im landwirtschaftlichen Betrieb als Nebenbetrieb abgebildet werden kann. Dabei gibt es keine Mengen- oder Umsatzgrenzen. Wenn allerdings Milch zugekauft wird und Fremdmilch im Lohn verarbeitet wird, darf der Umsatz daraus nicht über 51.500€ und größer als 50% des Gesamtumsatzes sein, denn dann muss dieser Betriebszweig aus der Landwirtschaft ausgegliedert werden. Dies hat zur Folge, dass die Milchverarbeitung als Gewerbebetrieb geführt werden muss und einige Veränderungen mit sich bringt. Als Gewerbebetrieb besteht Buchführungs- und Umsatzsteuerpflicht, privilegiertes Bauen kann eingeschränkt sein und ein erhöhter Verwaltungsaufwand für Meldungen und Statistiken entsteht.

Aufgrund der komplexen Themen, die bearbeitet werden müssen, um ein solches Vorhaben zu realisieren, empfiehlt es sich externe Fachkompetenz einzuholen. Hierbei wird nicht nur allgemein, sondern individuell auf den Betrieb eingegangen. Gerne stehen wir Ihnen hierfür beratend zur Seite.

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